Klimasystem

Die Erde mit Albedo

Zunächst haben wir das einfachste Klimamodell beleuchtet und das Erde-Sonne-System als einen Strahlungsbilanz zweier Schwarzer Strahler betrachtet. Dieses Modell entspricht zwar nicht der Realität, ist aber hilfreich, um die zugrunde liegenden Ideen des Klimasystems zu verstehen. Nun werde ich einen weiteren Grad der Komplexität hinzufügen: die Albedo. Die Albedo ist ein Maß für das Rückstrahlvermögen eines Objekts. Sie beschreibt das Verhältnis zwischen der insgesamt einfallenden Sonnestrahlung und dem Anteil, der direkt wieder ins All reflektiert wird (Oke, 1987). Diese reflektierte Strahlung hat entsprechend keinen Einfluss auf die Energiebilanz.

Die Albedo hängt sowohl vom Einstrahlungswinkel als auch von der Wellenlänge der Strahlung, sowie von den Eigenschaften der Oberfläche ab. Ihre minimalen und maximalen Werte sind 0 und 1, wobei der Wert 0 der Albedo eines schwarzen Strahlers und 1 der Wert eines perfekten Spiegels entspricht. Typische Albedowerte für verschiedene Oberflächen sind beispielsweise: 0,9 für frischen Schnee, 0,5–0,7 für Wolken, 0,15–0,25 für Gras, 0,05–0,20 für Wälder und 0,05–0,40 für Böden (Oke, 1987). Zunächst gehen wir an der komplexen Zusammensetzung der Albedo der Planetenoberfläche vorbei und verwenden stattdessen nur die sogenannten Effektivwerte für den gesamten Planeten. So wurden z.B. folgende Effektivwerte von NASA ermittelt: 0,294 für die Erde, 0,11 für den Mond, 0,25 für den Mars und 0,77 für die Venus (Williams, 2025).

Die Gleichgewichtstemperatur mit Albedo

Das Modell mit Albedo ist mit dem Modell ohne Albedo sehr vergleichbar. Ich werde die Ableitung daher an dieser Stelle nicht wiederholen. Das Modell mit Albedo besagt, dass die Erde genauso viel Strahlung ausstrahlt, wie sie empfängt, aber das ein Teil der Sonnestrahlung reflektiert wird. Deshalb müssen wir für die Energiebilanz jetzt Sin·(1-α) = Saus sagen, wobei α die Albedo ist. Passt man die Gleichung für das Modell ohne Albedo entsprechend an, so ergibt sich folgende Gleichung (Stull, 2017):

TE =(0,25·(1-α))14·(TS+273,15) ( DS d ) 12 -273,15

mit
TE - der Erdtemperatur in °C
TS - der Temperatur der Sonne in °C (= 5498,85 °C)
DS - dem Durchmesser der Sonne in m (≈ 1.3914·109 m)
d - dem doppelten Abstand zwischen Sonne und Erde in m (2 AU ≈ 2,992·10¹¹ m) (Williams, 2025)

Wenn wir mit dieser Gleichung und den oben genannten Albedos die Erdtemperatur berechnen, so ergibt sich ein Wert von -18,0 °C. Das sind 23,2 °C weniger als ohne Strahlungsreflexion. Zum Vergleich: Für den Mond, der genauso weit von der Sonne entfernt ist, aber eine geringere Albedo hat, ergibt sich ein Wert von -2,8 °C statt 5,2 °C. Der Unterschied beträgt somit nur 8,0 °C. Für den Mars ergibt sich eine Temperatur von -63,3 °C statt -47,7 °C und für die Venus eine Temperatur von -46,5 °C statt 54,1 °C. Das ist eine Differenz von mehr als 100 °C! Somit wird deutlich, dass die Albedo einen großen Einfluss auf die Gleichgewichtstemperatur hat und, dass für die Temperatur eines Planeten nicht nur die Entfernung zur Sonne entscheidend ist.

Auf der nächsten Seite, werden wir uns mit dem Einfluss der Atmosphäre beschäftigen. Klicken Sie hier, um weiter zu lesen.

Quellen und Literatur:
* Oke TR (1987) Boundary Layer Climates; Methuen; Psychology Press: New York, NY, USA, 435 pages, ISBN 0-415-04319-0
* Stull R (2017) Practical Meteorology: An Algebra-based Survey of Atmospheric Science -version 1.02b. Univ. of British Columbia. 940 pages. ISBN 978-0-88865-283-6 (https://www.eoas.ubc.ca/books/Practical_Meteorology/index.html).
* Williams DR (2025) NASA Planetary Factsheet, https://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet/